Da muss der durch! Oder auch nicht?

Lerne, ihm zuzuhöhren!
Lerne, ihm zuzuhören! Denn er hat Dir viel zu sagen!

Beim Durchstöbern alter Fachzeitschriften stieß ich eben auf einen Artikel, in dem es um die Fellpflege langhaariger Hunde ging. Folgender Rat der Expertin brachte mich allerdings zum Nachdenken: „Achten Sie nicht jedes Mal darauf, wenn Ihr Hund mal fiepst, sondern machen Sie einfach weiter, bis Sie mit dem Bürsten fertig sind. Da muss er denn eben mal durch.“

Jeder, der wie ich, schon mal lange Haare hatte, weiß, wie weh es tut, wenn man mit Kamm oder Bürste in einem Knoten hängenbleibt und einfach weiter zieht. Das ziepst nämlich dergestalt, dass es einem die Tränen in die Augen treibt. Kein Friseur würde seinen Kunden so rücksichtslos behandeln, aber mit Hunden kann man das ruhig machen? Und wenn sie sich wehren, werden sie „fixiert“?

In einer anderen Ausgabe fragte eine Leserin, deren Hund beim Autofahren speichelte und erbrach, die Expertin um Rat. Nach einigen allgemeinen Tipps und dem Hinweis „das gebe sich meistens im Laufe der Zeit von selber“ (was leider nicht der Fall ist), riet die Expertin der Frau, den Hund einfach weiter wie gehabt zu transportieren und das Verhalten erst mal zu ignorieren. Das Argument: „Sie können sich schließlich nicht völlig von Ihrem Hund abhängig machen und Ihren Tagesablauf nach ihm richten.“

Bordeaux Dogge Karlos sabbert nicht aus Übelkeit.
Diese Bordeaux Dogge sabbert nicht aus Übelkeit. Karlos denkt ans Fressen.

Häufig wird mir auch erzählt, man habe ja die Hunde- bzw. Welpenanschaffung wohlweislich auf den Urlaubsbeginn gelegt, um genügend Zeit für die Eingewöhnung und Erziehung des Neuen zu haben. Die neugebackenen Hundebesitzer sind dann oft sehr erstaunt, wenn ich sie darüber aufkläre, wie lange man üben muss, bevor man einem Hund zumuten kann, mehrere Stunden alleine zu bleiben. „Bitte? Ich habe doch nur drei Wochen Urlaub. Danach muss der das aber können!“

Ein Hund kann sich seinen Besitzer nicht aussuchen.n
Ein Hund kann sich seine Lebensumstände nicht aussuchen. Der Jagdhund Scotty hat Glück gehabt.

Bedenken sollte man bei alle dem einmal, dass kein Hund darüber entscheiden kann, wie und bei wem er leben möchte. Er wird angeschafft  und muss mit dem klar kommen, was seine Menschen mit ihm machen. Ob sie nun gut oder weniger gut mit ihm umgehen – er kann nicht kündigen und sich einen besseren Ort suchen.

Auch hat sich kein Hund ein langes, pflege-intensives Haarkleid ausgesucht; es wurde ihm von Menschen angezüchtet, damit er, ihrem Geschmack entsprechend, besonders apart aussieht.

Wenn ein Hund fiepst, jammert, bellt oder anderweitig Stressverhalten zeigt, hat er in der Regel ein Problem und will das seinem Menschen mitteilen. Es ist natürlich einfacher, das als Marotte abzutun. Nein, ich korrigiere: Es scheint einfacher. Jegliches anfängliche Problemverhalten wird sich aber immer weiter steigern, wenn man es ignoriert. Der Hund wird immer energischer darauf hinweisen. Jede von aussen unterdrückte Problem-Anzeige eines Tieres wird weitere, neue Probleme nach sich ziehen.

Das Glück eines Hundes hängt von seinem Menschen ab.
Das Glück eines Hundes hängt von seinem Menschen ab.

Natürlich kann ich einen Hund, der (verständlicherweise) nicht mehr gebürstet werden will, einfach „fixieren“, oder einem, der dauernd bellt, ein „Anti-Bell-Halsband“ anlegen, zum Beisispiel einem, der nicht alleine bleiben kann. Das wird zwar das Problem des Hundes nicht lösen, aber ich hab dann erst mal Ruhe. Denk ich. Der Hund jedoch wird weiterhin versuchen, sein Problem nach außen zu bringen durch andere „Verhaltens-Macken“, wie Leck-Syndrome, oder sogar durch Erkrankungen. Wenn man diese dann wieder versucht, von aussen einzudämmen, ist man tatsächlich auf dem Weg, einen wirklich schlimmen Problemfall zu schaffen.

Hunde "sprechen" durch Blicke und Verhalten.
Hunde „sprechen“ durch Blicke und Verhalten zu uns.

Wir können uns nicht dran vorbeimogeln! Wer einen Hund halten will, muss bereit sein, sich auf ihn einzulassen, ihm „zuzuhören“ und sich natürlich auch nach ihm richten. Und wer das nicht leisten kann, sollte von der Anschaffung eines Hundes absehen. „Zuhören“ heißt aber nicht, dass man bei jedem Pups springt, sondern dass man wirklich lernt, die Sprache des Hundes zu verstehen, damit man entscheiden kann, wie man handelt.

Gerne könnt Ihr die Kommentar-Funktion hier nutzen, um mitzuteilen, wie Eure Hunde zu Euch „sprechen“.

 

 

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