Der Labrador Retriever – ein idealer Familienhund?
„Ich will seit längerem einen Hund für meine kleine Tochter (3 Jahre) und mich anschaffen und habe gehört, der Labrador sei ein besonders leicht erziehbarer Familienhund und auch besonders für Anfänger wie mich geeignet. Da ich die „Labbis“ sehr süß finde, bitte ich Euch, mir Eure Erfahrungen mitzuteilen. Ich bin für jeden Tipp und Ratschlag dankbar.“
Diese und ähnliche Nachfragen findet man im Internet, denn das Interesse an der Hundehaltung allgemein steigt weiterhin und der Labrador Retriever steht dabei ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Und das nicht ohne Grund, denn die meisten „Labbis“ sind tatsächlich sehr freundliche und auch hübsche Hunde und darum will ich in diesem kleinen Rasseporträt auch zuerst mal auf die Äußerlichkeiten eingehen.
Naturburschen. Der Labrador ist ein gut mittelgroßer Hund mit einem kraftvollen, sportlichen Körperbau. Er hat ein kurzes, dichtes Haarkleid mit wetterbeständiger Unterwolle. Man sieht ihn oft in rein lackschwarz, hin und wieder mit weißem Brustfleck aber auch von hellcreme bis fuchsrot und von leber- bis schokoladenbraun. Streicht man über sein schönes glänzendes Fell, fühlt es sich überraschend rau und handfest an und sagt dabei gleich vieles über sein Wesen aus: Der Labrador ist ein echter Naturbursche – und das trifft nicht nur auf die Jungs zu.
Ursprung Kanada. Können Sie sich vorstellen, dass manche Labradorbesitzer ganz überrascht sind, wenn sie darauf angesprochen werden, dass ihr Vierbeiner zu den Jagdhunderassen gehört? Dabei weist der zweite Teil seines Namens bereits darauf hin, denn das englische Wort Retriever leitet sich von „to retrieve“ ab, was übersetzt so viel bedeutet wie „herbeibringen“. Es bezeichnet das Auffinden und Herbeibringen von Beute!
Seine Heimat ist die Ostküste Kanadas. Hier am Atlantik liegen die Provinzen Neufundland und Labrador – und somit ist er vermutlich sogar eng verwandt mit dem mächtigen Neufundländer. Wie dieser wurde er von den Fischern beim Einholen der Netze als Helfer gebraucht. Auch wenn der Fang drohte abzutreiben, oder größere Fische aus den Netzen sprangen und versuchten zu entkommen, wurden die mutigen Schwimmer hinterhergeschickt. Auf diese Zeit begründet sich ihre Wasserliebe und Bringfreude.
Jagd und Workingtests. Aufgrund seines Talentes wurde der Labrador als Jagdhund weltbekannt. Seine Spezialität ist das Auffinden und Apportieren der Beute „nach dem Schuss“, er findet aber aufgrund seiner hervorragenden Nase auch zunehmend bei deutschen Jägern Verwendung bei der Nachsuche und anderen jagdlichen Aufgaben. Workingtests sind Gelände-Prüfungen, die dem Zweck dienen, ohne Verwendung von Wild die Arbeitsqualität eines Retrievers zu überprüfen. Dummytrials, Mocktrials und Field Trials sind ebenfalls sehr anspruchsvolle Arbeitsprüfungen, in denen jagdliche Situationen simuliert werden. Wer seinem Hund wirklich etwas bieten will, kann sich beim Deutschen Retriever Club (DRC) darüber informieren.
Showlinie oder „gun dog“? Für solche Höchstleistungen werden auch entsprechende Hunde gezüchtet: Die Field Trial Retriever. Hunde aus diesen Arbeitslinien sind schlanker und muskulöser als solche aus einer Standardzucht. Sie sind aber auch wesentlich agiler und wirken oft, als seien sie ständig auf dem Sprung. Sie sind in der Regel auch gut an der deutlich schmaleren Kopfform zu erkennen. Im Profil zeigen sie einen weniger ausgeprägten Stopp (Übergang von der Nase zur Stirn) als ihre Kollegen aus Showlinien, welche die Standardzucht darstellen. Diese bringt eher schwere, gemütliche Labrador Retriever hervor, die für Familien und normale Hundehalter eher geeignet sind. Manche Züchter versuchen aber auch, die verschiedenen Eigenschaften der Show- und Arbeitslinien zu vereinen.
Auffallend ist, dass im Internet zwar reichlich Hunde aus Arbeits-Linien angeboten werden, die Möglichkeiten, an Field-Trials oder Workingtests teilzunehmen, in Deutschland aber nur sehr gering sind. Falls die Anbieter nicht alle auf ihren Zuchtexemplaren sitzen bleiben, kann man es sich nur so erklären, dass die fettesten Geländewagen ja auch nicht im echten Einsatz, sondern eher in den Städten zu sehen sind.
Apportieren ein „Muss“! Aber auch wer sich für einen Labrador aus einer Showlinie entscheidet, hat damit nicht nur einen Hund zum „Schön-Aussehen“ gekauft, sondern einen echten Retriever und sollte sich darum direkt einen Satz Apportis zulegen, denn ein Labi ohne Apportieren ist wie ein Seemann ohne Schiff!
Seine außerordentlich gute Nase kann ihn in privaten Händen ganz schön anstrengend machen: Hat er den Rüssel einmal auf dem Boden, geht er voll auf in der interessanten Welt der Spuren und Duftmarken und es kann ihm passieren, dass er die vergleichsweise langweiligen menschlichen Befehle wie „Bei Fuß“ oder „Komm hier“ überhaupt nicht mehr wahrnimmt. Strafen wäre hier fehl am Platz und statt sich darüber zu ärgern, sollte sein Mensch sich partnerschaftlich zeigen und ihm viel Nasenarbeit wie Suchspiele oder Fährten anbieten, um nicht ignoriert zu werden.
Tabu! „Müllschlucker“ und „Staubsauger“ werden manche Vierbeiner von ihren Besitzern genannt. Die üble Angewohnheit, alles, was ihnen vor die Nase kommt, aufzunehmen und herunterzuschlucken, ist leider relativ oft bei Labradoren zu beobachten. Das ist natürlich nicht ungefährlich und besonders eklig, wenn auch Kothaufen ins Beuteschema fallen. Mit dem oft vermuteten Mineralmangel hat das vermutlich eher wenig zu tun, dazu gibt es zu viele ausgewogen ernährte „Müllschlucker“. Steht es vielleicht auch im Zusammenhang mit der Leidenschaft des Beutemachens? Es scheint keine verbindlichen Hinweise darüber zu geben. Das einzige was hilft, ist jedenfalls das konsequente trainieren eines Tabu-Signals.
Prägung und Sozialisation. Bei der Prägung und Sozialisation von Welpen und Junghunden muss man darauf achten, rassetypische Wesensmerkmale nicht übertrieben zu fördern. So sind für Jungtiere sehr territorialer „Schutzhund“-Rassen (wie zum Beispiel Schäferhunde) viele positive Kontakte mit Artgenossen, aber auch mit großen und kleinen Menschen sehr wichtig.
Der sozial aufgeschlossene Labrador hingegen muss nicht erst davon überzeugt werden, dass alle erwachsenen Zweibeiner, Kinder und Hunde nette Spielkameraden sind – das denkt er sowieso. Obwohl es natürlich zuerst einmal naheliegend erscheint, den süßen Welpen zu jedem hin zu lassen, muss die Prägung auf seine Hauptbezugsperson absolut im Vordergrund stehen. Sie ist es, die sich täglich ausgiebig um seine Erziehung und Bespaßung kümmern muss, sonst können leider auch ursprünglich gute typische Eigenschaften wie Offenheit und Freundlichkeit zu Problemverhalten führen. Keiner freut sich später über 30 kg Lebendmasse, wenn diese (der tut nix! Der will nur spielen!) ungebremst auf ihn zu galoppiert kommt.
Zuchtziel Freundlichkeit. Das allseits bekannte freundliche und aufgeschlossene Wesen des Labradors hat übrigens auch mit seinem ursprünglichen Verwendungszweck zu tun, denn als Jäger kann man es sich nicht leisten mit einem Hund aufzutauchen, der andere zwei- oder vierbeinige Jagdteilnehmer bedroht oder anpöbelt. Ganz anders als zum Beispiel bei den territorialen Schäfer- und Hirtenhunden, war und ist so ein Verhalten bei Jagdhunden natürlich äußerst unerwünscht und darum wurden in der Zuchtauslese immer besonders friedliche Charaktere berücksichtigt.
Ein Anfängerhund? Ihn darum jedoch schlichtweg zum Anfängerhund zu degradieren, wird ihm bei weitem nicht gerecht. Jedenfalls nicht in dem Sinne, dass jeder Depp ohne jegliche Sachkenntnis mühelos mit ihm klar kommt. Gerade die Tatsache, dass ihm dieser Ruf aufgrund seines freundlichen Wesens anhängt, lässt auch immer wieder Familien mit kleinen Kindern in diese Falle tappen, um kurz später festzustellen, dass sie total überfordert sind. Gerade hörte ich noch von einer jungen Mama, die bereits nach einer Woche das Handtuch geworfen hat. Der Welpe ist inzwischen bereits via Internet an eine andere Familie weitervermittelt worden. Hoffentlich an eine, die sich vorher besser informiert hat.
Spielverhalten. Mit seinen Artgenossen spielt der Labrador oft sehr „körperbetont“, das heißt, er spielt recht derb und wild und rempelt die anderen dabei gerne an, was aber nur von ähnlich veranlagten Kollegen richtig verstanden wird. Bei etwas zimperlicheren Rassen kommt das nicht so gut an und kann ebenso zu Verständigungsproblemen führen, wie das von Labbis häufig gezeigte Spielknurren. In diesem Fall sollten die Menschen, die dieses Spiel beaufsichtigen, vermittelnd eingreifen, damit zwischen den Hunden kein Stress entsteht.
Bitte keine Billigkäufe! Ob auf Dauer eine glückliche Mensch-Hund-Beziehung entsteht, entscheiden aber auch die Eigenschaften, die ein Welpe bereits aus seinem Elternhaus mitbringt. Nicht jeder im Internet oder in der Zeitung angebotene „familien- und kinderfreundliche“ Labrador erweist sich auch als solcher.
Zum Teil sind diese Tiere schon für 400 bis 500 € zu haben. Doch bei den Anbietern handelt es sich meist nicht um anerkannte Züchter, sondern eher um eine Art „Hunde-Vermehrer“. Aus einer Zucht, die den Grundsätzen des Deutschen Retrieverclubs oder des Labradorclubs Deutschland folgt, wird ein Welpe nicht unter 1.000 € abgegeben. Diese Ausgaben lohnen sich aber, denn ein Welpe gesunder wesensfester Eltern ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch gesund und wesensfest, sofern sein neuer Besitzer weiterhin für sein artgerechtes Wohl sorgt.
Labrador Balou (fast 1 Jahr alt) entspricht der Standardzucht. Er ist eher ein „Showhund“ und hat ein ruhiges, ausgeglichenes Temperament. Melanie legt viel Wert auf seine sorgsame Ausbildung. Mit diesem Paket: Richtige Auswahl und sorgfältige Ausbildung hat Balou die besten Aussichten, bald seinen Job als „Kindergarten-Begleithund“ anzutreten.
Vielen Dank, Uschy, für Deinen Kommentar und beste Grüße aus dem Oberbergischen!
Hallo Barbara, deine Beschreibung kann ich nur voll unterzeichnen. Da ich schon seit ca. 30 Jahren Labbis züchte, weiß ich, wovon du schreibst.
Bei mir lernen schon die Welpen, wie man sich „zu benehmen“hat, damit sie einen guten Start ins neue Leben bekommen. Viel Erfolg weiterhin für deine Hundeschule und liebe Grüße von Uschy und den Of Bird Cottage – Labbis
Wirklich beachtlich, was du mit Balou schon alles erreicht hast. Ich finde es auch immer wieder interessant, ihn zu beobachten. Er ist wirklich ein ganz Guter!
Hallo Barbara, ja der Labrador möchte arbeiten und ausgelastet werden. Auch ich habe die Erziehung unseres Vierbeiners anfangs unterschätzt, aber die Zeit und die Ausbildung lohnen sich. Ein freundlicher, zuverlässiger und gut ausgebildeter Labrador ist ein toller Begleiter für alt und jung. Wir bleiben gemeinsam dran.
Hallo Barbara, ein absolut zutreffender Text über Labbis. Der Labbi ist definitiv kein Anfängerhund. Wir werden immer wieder mal vom Tierarzt angesprochen, ob wir noch einen weiteren Labbi aufnehmen können, da deren Besitzer absolut überfordert sind mit dem Junghund.
Das ehrt zwar einen, aber wir wissen beide, wieviel Zeit und Nerven die Erziehung unserer Hündin gekostet hat, bis sie so geworden ist, wie sie jetzt ist.