Durchgeknallt? Hütehunde aktuell

Aus aktuellem persönlichem Anlass greife ich das Thema Hütehunde nochmal auf.

„Der soll nicht beschäftigt werden, sondern muss erst mal lernen, ruhig zu sein!“ So wurde eine Shepherd-Besitzerin, die ich vor ein paar Tagen besuchte, von den Trainern ihrer örtlichen Hundeschule instruiert. Nennen wir die Hunde-Besitzerin mal „Anja“ und ihren anderthalbjährigen Australian Shepherd Rüden „Mixo“. Hier ihre Geschichte:

Anja hatte mich angerufen, weil Mixo „Problemverhalten“ zeigte – wie sie dachte: Im reizarmen, ruhigen Zustand funktionierte es zwar einigermaßen gut mit dem jungen Hund, aber damit war es vorbei, sobald Bewegungsreize dazukamen: Andere Hunde, Radfahrer, Fußgänger, besonders Jogger lösten unkontrollierbares Gebell aus und inzwischen leider auch das Hinterherrennen, sobald Mixo von der Leine war.

Anja, die auch Pferdebesitzerin und Reiterin ist, beklagte besonders, dass ihr Hund nicht mehr gehorcht, sobald die Pferde auf der Weide laufen, geschweige denn unterwegs beim Ausritt.

Peund Mexx
Australian Shepherd als Reitbegleithund. Er gehorcht(e) perfekt.

„Du weißt aber, dass Mixo ein Arbeitshund ist, der beschäftigt sein will?“        fragte ich sie – überflüssigerweise – denn natürlich war sich die intelligente junge Frau darüber im Klaren. Und dann kam´s: In ihrer Hundeschule habe man ihr aber gesagt, Mixo würde durch Beschäftigen nur „hochgepusht“. Das sei „schädlich“ für Hütehunde und darum solle sie dafür sorgen, dass er „lernt, ruhig zu sein“.

Diese Einstellung kommt mir nicht zum ersten Mal zu Ohren. Er darf nichts tun? Bitte? Das ist ja, als würde man Eltern empfehlen, ihr Kind nur ja nicht spielen zu lassen, damit es beizeiten lernt, ruhig zu sein. Das wäre doch grausam.

Leroy flieg
Leroy liebt die Beschäftigung mit Frauchen

Das Missverständnis liegt darin begraben, dass man mal wieder nicht differenziert und dass auch Trainer irgendwelche Informationen nachplappern und ungefiltert an ihre Schüler weitergeben, ohne diese Infos mal unter die Lupe zu nehmen.

Wie aber muss ein Border Collie, Australian Shepherd, Australian Cattle Dog, Schäferhund usw. gehalten werden, damit er kein Problem bekommt?                  

Er braucht die Ausgewogenheit zwischen Beschäftigung (Arbeit) und Ruhe!

 

Ich erkläre das hier mal an einem einfachen Beispiel:

Beispiel 1: Stöckchen- oder Bällchenwerfen. Schmeißen, Rennen, Schmeißen, Rennen, Schmeißen, Rennen, Schmeißen, Rennen…….. Den Hund durch stupides Herumzuhetzen zu beschäftigen, bis ihm die Zunge vor dem Hals hängt, bis er buchstäblich „platt“ ist, das wäre für ihn eher schädlich als nützlich.

Beispiel 2: Apportieren mit dem Preydummy. Den Hund ablegen, zum Apportieren des Preydummys schicken, vor der „Beute“ ablegen, zurückrufen, belohnen, zum Preydummy schicken und dieses apportieren lassen. Belohnen.

Erkennen Sie den Unterschied? Genau. Beim ersten Beispiel wird der Hund tatsächlich sinnlos „hochgepusht“ und beim zweiten Beispiel wird sein Kopf und sein Körper vernünftig beschäftigt.

ElkeBorderWelpe
Elke beschäftigt ihren Border Collie sinnvoll

Mixos Problem bestand darin, dass er – als typischer Arbeitshund – irgendetwas für sein Frauchen tun wollte. Da er aber nie eine klare Anweisung bekam, probierte er einfach alles Mögliche aus: Pferde „hüten“, vermeintliche Konkurrenten fernhalten, Jogger verjagen usw. . Blöderweise waren seine sämtlichen Angebote aber alle nicht richtig und er wurde ständig ausgeschimpft, statt belohnt. Das muss für den jungen Hund, der doch nur seinem Frauchen gefallen wollte, sehr frustrierend gewesen sein!

Nach einer knappen Stunde Training auf dem Reitplatz, während wir ihm erklärten, was er soll (im Schatten liegen und auf Frauchen warten), was er nicht soll (das Pony jagen und ankläffen) und was er darf (am Ende mit Frauchen Ball spielen), war Mixo wie ausgewechselt. Endlich war seine verzweifelte Suche nach einer Aufgabe beendet. Er hatte jetzt Klarheit und war ganz Auge und Ohr für Anjas Anweisungen. Und auch die war glücklich und zufrieden mit den neu erstellten Trainingskonzepten.

Jamie apport
Jamie fand schon früh Freude daran, für Frauchen zu „arbeiten“.

Let your dog play, not run away!

Es ist nicht richtig, von einem hochmotivierten Hütehund zu erwarten, dass er ohne Beschäftigung lieb und nett und ruhig ist. Das wird nicht funktionieren, denn er ist für die Arbeit geboren. Diese muss ihm aber mit Sinn und Verstand und in vernünftigem Maße täglich angeboten werden.

Seid Ihr auch stolze Besitzer eines Hüte- oder Treibhundes? Hat Euch meine Anleitung gefallen? Wie beschäftigt Ihr Eure Arbeitshunde? Bitte nutzt gerne die Kommentarfunktion unter diesem Artikel.

 

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