und ihren Ansichten. „Soll ich ihn jetzt ignorieren, anknurren, oder soll ich ihm ein Leckerchen geben?“ (Dem Hund, nicht dem Trainer.) Allgemeine Verunsicherung wird oft durch scheinbar unterschiedliche Lösungsansätze verursacht, und darum handelt es sich in diesem Posting.
Von Verallgemeinerungen, bzw. Differenzierung in der Lösungsfindung bei Problemen, oder bei der Umsetzung von Erziehungs/Trainingsmöglichkeiten ist hier die Rede.
Auslöser dafür, dass ich mich hinsetze und über dieses Thema schreibe (was ich schon lange vorhatte), ist ein Posting bei facebook, in dem jemand sich die Mühe gemacht hatte, die unterschiedlichen Ansätze etlicher prominenter Hundetrainer aufzuzählen und in Frage zu stellen.
Um es mal vorweg zu sagen: Ich kann das gut verstehen und schätze jeden, der sich mit dem Thema Hund so eingehend auseinandersetzt. Viele Jahre lang ist es mir ähnlich ergangen: Auf der Suche nach dem richtigen Weg habe ich mit meinem Pferd viele Kurse bei Trainern der verschiedensten Reitweisen und Ideologien besucht. Alle waren auch irgendwie gut, aber auch ich hatte immer wieder das verwirrende Gefühl: Die widersprechen sich ja komplett!
Es war manchmal zum Verzweifeln. Immer, wenn ich glaubte, mir mühsam etwas erarbeitet zu haben, erklärte mir der nächste Spezialist scheinbar genau das Gegenteil!
Es hat jahrelang gedauert, bis ich kapiert hatte, dass es das „Einzig Wahre“ gar nicht gibt. Es gibt gar keine absolut verbindliche Anleitung dazu, wie man mit seinem Pferd auf dem Reitplatz und im Gelande und in allen übrigen Lebenslagen zu verfahren hat. Sondern das alles muss immer wieder neu bewertet und die Vorgehensweise muss flexibel angepasst werden.
Und genau so ist es im Umgang mit unseren Hunden. Wenn ich zum Beispiel mit dem häufigen Problem Leinenterror konfrontiert werde, schau ich mir dieses Hund-Mensch-Gespann sehr genau an, bevor ich mich für einen passenden Lösungsvorschlag entscheide. Das hängt stark vom Werdegang der beiden ab, von der Mentalität des Hundes, von seinem Ausbildungsstand, seiner körperlichen und psyschischen Verfassung, von der Beziehung zu seinem Menschen, und noch von so einigem mehr.
Ich kann doch einen Hund, der sich dominant und rüpelhaft seinem Menschen gegenüber entwickelt hat, nicht gleichschalten mit einem, der auf „Dicke Hose“ macht, weil er völlig verunsichert ist und sich mit seinen Problemen alleine gelassen fühlt. Und den auch noch wohlmöglich mit der Wasserpistole beschießen.
Es ist auch mit Sicherheit nicht immer die richtige Idee, mit Leckerchen abzulenken. Oder würde man einem jugendlichen Randalierer, der sich gerade mit ein paar anderen kloppen will, ein Leckerchen vor die Nase halten, damit er sofort schön lieb ist?
Generell kann man sagen, dass es nicht erfolgversprechend ist, in einer bereits eskalierten Sache zu agieren, bzw. vielmehr zu re-agieren. Da liegt das Kind bereits im Brunnen. Denn Auswüchse im Hundeverhalten sind gewissermaßen immer auf Defizite in der Hund-Mensch-Beziehung zurückzuführen. Auch wenn die Erkenntnis weh tut, da muss man zurück zur Basis, „back to the roots“.
Dazu nenne ich Euch mal ein ganz einfaches Beispiel: Stellt Euch einen Hund vor, der in einem gut strukturierten Hunderudel lebt, mit Leittieren, die für die anderen die Verantwortung tragen. Der hat kein Problem. Da wird nicht „auf Dicke Hose gemacht“, solange der Chef, die Chefin, signalisieren: „Alles cool, Leute.“ Warum? Weil alle wissen, dass es am einfachsten ist, auf den Chef, auf die Chefin zu achten und darauf, was diese in der Situation vorgeben. Das sollte uns zu denken geben!
Jetzt bin ich ein bißchen vom Thema „Verallgemeinerung und Differenzierung“ abgeschweift. In dem genannten Beitrag las ich zum Beispiel: Jan Nyboer meint dazu… Und dann zwei Sätze darüber, was Jan Niboer angeblich meint. Zufällig kenne ich Jan Nijboer sehr gut, denn ich war zwei Jahre lang seine Schülerin und habe 2002 meine Prüfung bei ihm abgelegt. Jan Nijboer mag zwar alles mögliche meinen, aber er gehört bestimmt nicht zu denen, die Null-acht-fufzehn-Ratschläge vertreten, die sich in zwei Sätze fassen lassen.
Was ich Euch sagen will ist: Hört auf, nach der optimalen „Methode“ zu suchen, denn die gibt es nicht. Und noch eins: Bewertet niemals Trainer und ihre Ideologien nach ein paar aufgeschnappten Infos, die von diesen vielleicht in einem ganz anderen Kontext gemeint waren, als Ihr es aufgefasst habt, oder Euch durch Dritte vermittelt wurde.
Das ist übrigens auch ein Grund, warum ich nur noch selten Gruppentraining anbiete. Zu schnell passierte es dabei, dass Anweisungen, die ich im Einzelfall gegeben habe, verallgemeinert wurden. „Aber du hast doch gesagt, man muss immer….“ Nein, hatte ich nicht, die Anleitung galt für diesen Hund in dieser Situation.
Ich habe selber an einem Kurs bei einem bekannten Trainer teilgenommen, in dem es um das Verladen von Pferden ging. Der Kurs fand in einer Reithalle statt. Punkt neunzehn Uhr, zum Kursbeginn, bestand er darauf, dass die Tore geschlossen wurden und kein Nachzügler mehr Zugang hatte. Ich fand das zuerst krass, aber dann klärte sich, warum: Er begann mit der theoretischen Einführung in seine Vorgehensweise und begann dann mit der Praxis. „Die später dazu kommen, und überhaupt nicht verstehen, warum ich es so oder so mache, sind diejenigen, die nachher rumlaufen und halbausgegorenes Zeug verbreiten.“ Recht hat er, finde ich.
Insofern finde ich auch das „Lernen“ per Fernsehsendung bedenklich, denn auch in dieser kurzen Zeit können immer nur Momentaufnahmen behandelt werden. Die sind aber nicht allgemein anwendbar. Was für den einen Fall das Richtige sein kann, ist für den anderen Fall unter Umständen fatal. Es gibt eben kein „wenn der Hund das macht, dann musst du so….“
Aber was tun? An jeder Trainingsmethode ist sicher etwas Gutes und Richtiges. Was Ihr tun solltet ist: Gut zuhören und die Ansichten und Vorgehensweisen der Trainer(innen) miteinander vergleichen. Und Ihr müsst Fragen stellen, wenn Euch etwas unklar ist. Ein guter, sicherer Trainer ist kritikfähig. Das heißt nicht, dass Ihr ihn anmotzen sollt, aber dass Eure Fragen zufriedenstellend beantwortet werden.
Ich bin selber aus so manchem Kurs herausgegangen, mit vielen offenen Fragen, weil ich dachte: So eine doofe Frage kann ich jetzt nicht stellen. Was soll der Trainer, was sollen die anderen von mir denken? Aber das ist Quatsch. Lasst Euch nicht abfertigen, sondern fragt so lange nach, bis Ihr den Einduck habt, klar zu sehen. Und wenn der Gruppenunterricht das zeitlich nicht hergibt, dann gönnt Euch eine Privatstunde und löchert den Trainer (die Trainerin) mit Euren Fragen solange, bis diese wirklich schlüssig beantwortet sind.
Also Leute, fixiert Euch bitte nicht auf Bruchstücke irgendwelcher Trainingsmethoden, sondern hört genau dem zu, was diese Spezies Euch zu sagen haben. Fragt nach und vergleicht die Ansätze miteinander und verschafft Euch so ein eigenes, umfangreiches Wissen. Nur so werdet Ihr Eure ganz spezielle, auf Euch und Eure Hunde maßgeschneiderte Vorgehensweise finden.
Natürlich freue ich mich auf Eure Kommentare hierzu. Also, gebt Eure Meinung ab und fragt auch gerne nach.
Das hast Du sehr sehr gut geschrieben liebe Barbara!!!