Bitte folgen! Leinenführigkeit will gelernt sein

Jeder Hundebesitzer wünscht sich einen „folgsamen“ Gefährten am anderen Ende der Leine. Der ideale Begleithund folgt aufmerksam seinem Menschen. Er achtet auf dessen Richtungs- und Tempowechsel und bleibt stehen, wenn dieser stehen bleibt. Er ist jederzeit ansprechbar und zieht und zerrt nicht, auch nicht, wenn er einen Artgenossen erblickt. Toll! Aber der Weg dahin bedarf eines klaren Konzeptes.

Groenendale Hündin an der Leine
Ohne Ziehen und Zerren. Die Groenendale Hündin hat frühzeitig gelernt, sich an der Leine führen zu lassen.

Wer einen Welpen bei sich aufnimmt, hat die allerbesten Chancen, ihn beizeiten zu einem angenehmen Begleithund zu erziehen. Das Folgen an locker hängender Leine kann jedem Hundekind von Anfang an systematisch beigebracht werden. Bevor er dem Kleinen aber nun Halsband und Leine anlegt und gleich munter mit ihm losspaziert, muss der neugebackene Hundebesitzer erst mal die Grundlagen für solche Ausflüge schaffen.

Jack-Russell-Terrier-Welpe
Dieser Jack-Russell-Terrier-Welpe will noch nicht spazieren gehen. Er ist noch zu klein.

Ein kleiner, unerfahrener Welpe hat ganz andere Bedürfnisse, als an der Leine spazieren geführt zu werden. Er muss erst mal die Chance bekommen, eine feste Bindung zu seinem Menschen aufzubauen, bevor er sich trauen kann, diesem  „in die große weite Welt“ zu folgen, denn das ist noch viel zu aufregend für ihn.

Zu diesem Bindungsaufbau sind eine ganze Reihe von Übungen geeignet, die alle noch im Sicherheitsbereich – der Wohnung, dem Haus, dem Garten und dem engsten Umfeld um diesen Sicherheitsbereich, vorgenommen werden können. Dazu gehören zum Beispiel die positive Gewöhnung an Halsband und Leine, das Erkennen seines Namens, das Verstehen von Tabuisierung und Bestätigung, das Aufnehmen des Blickkontaktes, das Erlernen einfacher Grundübungen wie SITZ und KOMM. All diese Dinge sollten erst mal geübt werden, bevor man spazierengeht, denn sie sind wichtig für die Kommunikation, wenn man mit dem Hund unterwegs ist.

Aber auch das tägliche gemeinsame Spielen mit dem Welpen trägt zum Vertrauens- und Bindungsaufbau bei. Es wird also keine Langeweile aufkommen, bevor der erste kleine Ausflug an der Leine unternommen werden kann. Mit einem unvorbereiteten Welpen an der Leine bereits loszumarschieren, womöglich noch an einer Straße entlang, hieße jedoch, den Kindergarten und die Grundschule überspringen und ihn direkt ins Gymnasium zu stecken. Da kann nichts Gutes bei rauskommen!

Spiel mit Jack Russell Terrier Welpe
Spiel mit Jack-Russell-Terrier-Welpe

Fehlkonditionierungen vermeiden

Kein Hund ist als „Leinenzieher“ geboren, vielmehr wird dieses Übel Hunden meistens systematisch beigebracht: Der Welpe wird angeleint, weil der gutmeinende Besitzer glaubt, er müsse nun unbedingt mit ihm spazieren gehen. Der Kleine sieht das aber ganz anders. Er ist verunsichert, miekt und setzt sich immer wieder hin. Nach einiger Zeit denkt der Hundebesitzer, dass es nun genug ist und tritt den Heimweg an. Der Welpe ist daraufhin heilfroh und strebt vorneweg Richtung „Nest“. Leider macht er dabei die erste folgenschwere Erfahrung: An der Leine ziehen wird für ihn erfolgreich, denn es bringt ihn genau dahin, wohin er wollte – zurück ins sichere Nest.

Bald lernt der Welpe auch, dass sein Besitzer ihm brav an der Leine folgt, wenn es ihn zu Schnüffelstellen hinzieht, oder wenn er Artgenossen kennen lernen will, oder Menschen mit Streichelgelüsten. Auf diese Weise bekommt er genau das beigebracht, was er später nicht tun soll. Das Problem ist also meistens sozusagen „hausgemacht“.

Nun fragen Sie sich vielleicht inzwischen mit Recht, wie Sie stattdessen de Bewegungsdrang Ihres Welpen befriedigen können und – wo er Pipi und Kacka machen soll? Zum Lösen reicht fürs Erste ein Hundeklo im Haus, auf der Terrasse oder im Garten. Das entspricht vor allem auch seinem Sicherheitsanspruch, denn er ist naturgemäß noch nicht gewillt, sich an Orten zu lösen, die von erwachsenen Hunden markiert wurden.

Ausreichend Bewegung verschaffen Sie ihm durch Üben und Spielen im Haus und Garten, sowie durch gemeinsame, bindungsfördernde Erkundungen an der Langen Ausbildungsleine in geeigneten Umfeldern. Sofern diese nicht in unmittelbarer Nähe sind, sollte man mit dem Auto dorthin fahren, da der Kleine kann ja noch nicht leinenführig ist.

An der Langen Ausbildungsleine (ca. 5 Meter) finden die Vorübungen für das spätere „Leinegehen“ statt. Beim gemeinsamen Spielen, Üben und Erkunden lernt er, sich auch draußen an seinem Menschen zu orientieren und ihm überallhin zu folgen.

Ruheübungen

Natürlich ist es wichtig, dass ein Hund in seinem frühen Lebensalter bereits an Situationen und Umfelder gewöhnt wird, mit/in denen er später einmal gelassen zurechtkommen soll. Es ist jedoch nicht der richtige Weg, mit einen aufgeregten Welpen an der Leine durch den Ort zu rennen. Denn man möchte ihm ja nicht vermitteln, dass es aufregend ist, durch einen Ort zu gehen. Auch so werden aufgeregte Leinenzieher geprägt! Vielmehr sollte man zu diesem Zweck gezieltes Ruhetraining betreiben, sodass der Kleine die neuen Eindrücke in entspannter Verfassung aufnehmen und entsprechend abspeichern kann.

Ruhetrain mit Golden Doodle Welpe
Ruhetraining mit Golden-Doodle-Welpe „Emma“: Einfach mal nichts tun!

Führungsqualität beweisen

Um einen Hund souverän zu führen, bedarf es zweier Voraussetzungen: a) Der Hundehalter muss interessanter sein, als alles andere. Er sollte sogar noch interessanter sein als andere Hunde – und das soll schon was heißen!Hier kann man sehr viel erreichen, wenn man von Anfang an viel mit dem Hundekind spielt.

b) Der Hundehalter beweist seinem Schützling, dass er sich immer auf ihn verlassen kann. In der Welpengruppe und bei Begegnungen mit anderen Hunden ist es zum Beispiel nicht Sache des Hundekindes, sich durchzuboxen, nach dem Motto „die regeln das schon unter sich“ während die Menschen tatenlos zuschauen, sondern der Kleine muss wissen, dass seine Bezugsperson jederzeit die Garantie für seine Sicherheit ist. Nur unter diesen Voraussetzungen wird er sich später auch an seinem „Sozialpartner Mensch“ orientieren und sich dementsprechend – auch an der Leine – überallhin führen lassen.

Shar Pei an der Leine
Shar Pei „Tao“ verlässt sich auf sein Herrchen und folgt ihm an lockerer Leine

Welche Ausrüstung?

Zur Erstausstattung eines Welpen gehört neben der langen Ausbildungsleine ein einfaches, solides Halsband, am besten aus textilem Material und lieber etwas breiter, als zu schmal, damit es nicht einschneidet. Die erste Führleine sollte möglichst leicht sein, ohne allzu viel klappernde überflüssige Metallteile und mit einem stabilen, aber nicht zu großen und schweren Befestigungshaken. Oft erzählen mir Hundebesitzer, ihr Junghund wolle nichts vom Anleinen wissen. Sehe ich dann die martialischen Ausrüstungsgegenstände, mit denen dem Hundekind zu Leibe gerückt wurde (zum Beispiel die schwere Lederleine aus dem Nachlass des verstorbenen Althundes), wundere ich mich nicht, dass der Kleine sich unter dem Tisch versteckt, sobald sein Mensch mit dem Ding in der Hand auf der Bildfläche erscheint.

Aber auch zu kleine und schlecht bedienbare Verschlüsse und Haken, wie das oft bei Leinen und Halsbändern für Minihunde der Fall ist, haben es in sich. Durch das schwierige Handling machen sie das Anlegen zu einer unangenehmen Prozedur, von der Hunde auch nicht gerade besonders angetan sind. Achten Sie also beim Kauf weniger auf Farben und Muster, sondern eher auf Stabilität, Tragekomfort und gute Bedienbarkeit.

Halsband und Leine
Halsband und Leine von guter Qualität: Alle Verschlüsse sind gut bedienbar und stabil, aber trotzdem nicht zu schwer.

Grundsätzlich bin ich, außer in Ausnahmefällen, kein Freund von Führgeschirren. Denn bei der Konstruktion dieser Geschirre scheint man davon auszugehen, dass Hunde ja naturgemäß vorne weg an der Leine ziehen, darum wird der Befestigungsring ungefähr hinter den Schultern des Hundes angebracht. So, denkt man, werden Luft- und Speiseröhre, Kehlkopf und Halswirbelsäule beim Ziehen und Zerren nicht so stark in Mitleidenschaft gezogen, wie beim Halsband. Das stimmt zwar mit Sicherheit, ist meines Erachtens nach jedoch der falsche Denkansatz. Statt seinem Hund das Ziehen per Geschirr einzuräumen, sollte man ihm lieber von Anfang beibringen, an lockerer Leine mitzulaufen. In vielen Fällen macht es Sinn, den Anfänger mit beidem – Halsband und Geschirr – auszurüsten. Dann können die Führübungen am Halsband stattfinden, so wie es später einmal sein soll. Man hat aber die Möglichkeit, notfalls mal schnell zum Geschirr zu greifen, falls der Welpe sich mal erschreckt oder aus anderen Gründen an der Leine bockt. Im Laufe der Zeit kann man sich dann peu a peu vom Geschirr verabschieden, so dass am Ende ein am gut sitzenden Halsband gut geführter Hund dabei herauskommt.

Hier gehts zum Kurs LEINENFÜHRIGKEIT

Trainerin mit Australian Cattle Dog
Körpersprache: Trainerin Barbara mit Australian Cattle Dog: Wer gar nicht erst lernt, vorneweg zu ziehen, bekommt keine Probleme am Halsband.

 

 

 

 

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